Gesunde und sichere Handarbeit
Zu den Hauptgefahren für die Hände von Hebammen und Entbindungspflegern gehören häufiger Kontakt mit Wasser und Schwitzen in flüssigkeitsdichten Handschuhen. Auch wenn es paradox klingt: Feuchtigkeit trocknet die Haut aus. Sie greift den schützenden Wasser-Fett-Film an und dringt dann in die darunter liegende Hornschicht ein. Dort löst sie die kittenden Fette zwischen den Hornzellen heraus. Die Hornschicht wird rissig und durchlässig für Fremdstoffe. Diese können so in tiefere Hautschichten gelangen und dort Entzündungen verursachen, sogenannte Abnutzungsekzeme. Seife und Reinigungsmittel verstärken die Austrocknung noch. Wenn die Hautbarriere beschädigt ist, können zudem sensibilisierende Stoffe leichter in den Körper eindringen – beispielsweise Latex oder andere Handschuhinhaltsstoffe, Wirkstoffe von Flächen- oder Instrumentendesinfektionsmitteln, ätherische Öle, Duft- oder Konservierungsstoffe. Wer auf solche Stoffe irgendwann allergisch reagiert, muss diese dann über den Berufsalltag hinaus auch in der Freizeit konsequent meiden. Allergien sind nicht heilbar.
Die dritte Gefahrenquelle für die Hände ist der mögliche Kontakt mit Blut, Sekreten und Körperausscheidungen. Auf diesem Wege können sich Hebammen und Entbindungspfleger ernste Infektionen mit Hepatitis-Viren oder HIV zuziehen.
Handschuhe tragen
Geeignete Handschuhe schützen die Haut vor Feuchtigkeit sowie vor sensibilisierenden, schädigenden und infektiösen Stoffen. Für potenziell infektiöse Tätigkeiten wie Blutentnahme oder Wundversorgung und für den längeren Kontakt mit Wasser eignen sich medizinische Schutzhandschuhe mit ausreichender Stulpenlänge. Bei aseptischen Tätigkeiten, beispielsweise vaginaler Untersuchung unter der Geburt oder Naht einer Geburtsverletzung, müssen sie steril sein. Für Feuchtreinigungs- und Desinfektionsarbeiten sind Einmalhandschuhe dagegen nicht die richtige Wahl: Hier werden chemikalienbeständige Mehrweghandschuhe benötigt. Weit verbreitet sind Handschuhe aus Latex. Manche Menschen reagieren allerdings allergisch auf die darin enthaltenen Proteine. Alternativ bieten sich Modelle aus Vinyl oder Nitril an. Dabei sind ungepuderte Handschuhe hautverträglicher als gepuderte, da Puder reibt und den pH-Wert der Haut erhöht. Latexhandschuhe dürfen übrigens nur puderfrei verwendet werden, weil die potenziell sensibilisierenden Proteine durch Puder noch zusätzlich aufgewirbelt würden.
Handschuhe richtig einsetzen
In luft- und flüssigkeitsdichten Handschuhen können sich Feuchtigkeit und Wärme stauen, die die Hornschicht der Haut aufquellen lassen. Dieses Problem lässt sich vermeiden oder mindern, indem man folgende Grundregeln beachtet:
- Handschuhe nur auf trockenen, sauberen Händen benutzen.
- Handschuhe nur so oft und so lange wie nötig tragen.
- Bei unvermeidbaren Tragezeiten von mehr als zehn Minuten möglichst nahtfreie Baumwollhandschuhe unterziehen, die die beim Schwitzen entstehende Flüssigkeit aufsaugen.
- Handschuhe (auch aus Baumwolle) wechseln, wenn sie innen feucht sind.
Wichtig ist ferner:
- Einmalhandschuhe wirklich nur einmal verwenden. Sie werden beim mehrmaligen Gebrauch durchlässig für Schadstoffe und können keinen ausreichenden Schutz vor Infektionen mehr bieten.
- Nach dem Ablegen der Handschuhe eine hygienische Händedesinfektion durchführen. Denn die Hände können durch unerkannte Leckagen oder Kontakt beim Abstreifen der Handschuhe mit Krankheitserregern kontaminiert werden.
- Bei Mehrweghandschuhen die Stulpen umschlagen, damit kein Wasser auf die Unterarme und in die Handschuhe fließt.
Desinfizieren statt waschen
Händewaschen ist im Arbeitsalltag von Hebammen und Entbindungspflegern nur bei Arbeitsbeginn und bei sichtbarer Verschmutzung erforderlich. Am besten nutzt man dazu eine pH-hautneutrale Waschlotion (pH-Wert circa 5). Wichtig ist auch, die Hände mit weichen Einmalhandtüchern sorgfältig abzutrocknen – einschließlich der Fingerzwischenräume.
Keime lassen sich wirkungsvoller und schonender durch Desinfizieren von den Händen beseitigen als durch Waschen. Für eine wirksame Desinfektion müssen die trockenen Hände komplett mit dem Händedesinfektionsmittel eingerieben und über die vorgesehene Einwirkzeit feucht gehalten werden, in der Regel 30 Sekunden. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Fingerkuppen und Daumen zu legen. Bei einer geschädigten Hautbarriere kann es vorkommen, dass der im Händedesinfektionsmittel enthaltene Alkohol in tiefere Hautschichten gelangt und dadurch einen brennenden Schmerz verursacht. Anders als viele Betroffene denken, handelt es sich dabei nicht um eine Allergie. Das Desinfizieren sollte deshalb in solchen Fällen nicht durch noch häufigeres Waschen der Hände ersetzt werden. Das wäre für die schon angegriffene Haut wie auch für die Hygiene fatal. Stattdessen braucht die Haut, auf der das Desinfektionsmittel schmerzt, eine Heilbehandlung. Außerdem gilt es, die Ursachen zu beheben – meist Mängel beim Schutz und/oder bei der Pflege der Haut. Allergien auf Händedesinfektionsmittel kommen nur selten vor und sind dann auf verzichtbare Zusatzstoffe zurückzuführen. Vorbeugen lässt sich solchen Problemen durch die Wahl duftstofffreier Produkte.
Regelmäßig Schutz- und Pflegecreme
Vor Arbeitsbeginn, vor längerem Tragen von Handschuhen und nach dem Händewaschen empfiehlt es sich, eine Hautschutzcreme aufzutragen, die die Barrierefunktion der Haut unterstützt. Am Arbeitsende und in der Freizeit fördert eine Pflegecreme mit einem höheren Fettgehalt die Regeneration der Haut. Der Fettanteil von Hautpflegeprodukten sollte nicht nur aus Mineralölen wie Vaseline (Petrolatum) oder Paraffinöl (Paraffinum liquidum) bestehen, da diese nicht so gut einziehen und sich darunter ein Feuchtigkeitsstau entwickeln kann. Gut geeignet sind dagegen Cremes, die als Grundlage pflanzliche Öle wie etwa Palm-, Mandel-, Jojoba-, Nachtkerzen- oder Kokosöl verwenden. Für Pflege- wie Schutzcremes gilt: Um Allergien vorzubeugen, wählt man idealerweise Produkte ohne Duftstoffe und möglichst auch ohne Konservierungsstoffe.
Anders als das Desinfektionsmittel, das zunächst in die Handinnenfläche gegeben wird, trägt man Hautschutz- und Pflegemittel am besten zuerst auf den Handrücken auf, denn dieser benötigt die größte Menge Creme. Ferner lässt sich so verhindern, dass die Handinnenflächen nach dem Eincremen kleben. Bewährt hat sich beim Eincremen folgende Technik:
- Einen etwa haselnussgroßen Klecks Creme auf den Handrücken auftragen.
- Die Creme Handrücken auf Handrücken über die gesamte Fläche verteilen, auch über die Fingerrückseiten.
- Die Creme sorgfältig in die Fingerzwischenräume und Fingerseitenkanten einmassieren. Dabei werden die Handinnenflächen gleich mitversorgt. Achtung: Auch an die Daumen denken.
- Nägel und Nagelfalze mit der Creme versorgen und dann die Reste der Creme an den Handgelenken einmassieren.
Auf Schmuck verzichten
Im Arbeitsalltag von Hebammen und Entbindungspflegern ist Schmuck an den Händen und Unterarmen ebenso fehl am Platz wie lange, lackierte oder künstliche Fingernägel. Darunter können sich Feuchtigkeit und Hautreinigungsmittel sammeln. Zudem können dort Keime wachsen, die beim Desinfizieren schlecht oder gar nicht erreicht werden. Schmuckstücke und lange Fingernägel stören auch beim Eincremen und können die Handschuhe beschädigen, so dass diese undicht werden.
Alarmsignale ernst nehmen
Trockene Hautstellen, Rötungen oder Schuppungen werden häufig als normale Begleiterscheinungen des Berufslebens angesehen. Tatsächlich aber können sie bereits das erste Stadium eines Abnutzungsekzems sein. Bei Hautreizungen oder -entzündungen empfehlen sich eine haut- oder betriebsärztliche Untersuchung und gegebenenfalls die Einschaltung der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse. Diese kann dann schnell und unbürokratisch helfen. Versicherte der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) können beispielsweise auch spezielle Hautsprechstunden in den regionalen Schulungs- und Beratungszentren „BGW schu.ber.z" besuchen. Die Kontaktdaten finden sich unter www.bgw-online.de/schuberz.
Die BGW unterstützt Versicherte bei berufsbedingten Hautproblemen mit einem speziellen Programm, das sich aus individuell kombinierbaren Bausteinen zusammensetzt und Behandlung und Vorbeugung verbindet. In ein- bis zweitägigen Seminare erhalten die Teilnehmenden Informationen über den Aufbau und die Funktion der Haut, über Erkrankungsrisiken sowie Schutz und Pflege. In vielen Fällen hilft bereits dieses Seminar, die Probleme in den Griff zu bekommen. Am Arbeitsplatz reichen häufig kleine organisatorische Veränderungen oder der Austausch von Cremes oder Handschuhen, um die Tätigkeit fortsetzen zu können.
Nadelstichverletzungen vorbeugen
Wichtig für den Schutz der Hände vor Krankheitserregern ist das Vorbeugen von Nadelstichverletzungen. Sie bergen ein hohes Infektionsrisiko. Die Unfallgefahr lässt sich durch Sicherheitsgeräte sowie bruch- und durchstichsichere Abwurfbehälter minimieren. Außerdem wird zur Sicherheit ein Notfallplan mit Sofortmaßnahmen benötigt – für den Fall der Fälle.
Informationen und Arbeitshilfen
Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) informiert unter www.bgw-online.de/hygiene ausführlich über Hygiene und Infektionsschutz. Auf ihrer Internetseite lässt sich unter anderem die Broschüre „Risiko Nadelstich. Infektionen wirksam vorbeugen" als PDF herunterladen oder als gedrucktes Heft bestellen.
Unter www.bgw-online.de/hautschutz gibt die BGW grundlegende Informationen zum Hautschutz und zur Lösung berufsbedingter Hautprobleme. Hintergrundwissen, Tipps, aktuelle Trends und Unterhaltsames rund um das größte Organ des Menschen gibt es zudem im BGW Haut-Blog unter https://hautblog.bgw-online.de. Interessierte können sich dort untereinander und mit den Fachleuten der Berufsgenossenschaft austauschen.