Falsches Signal
Der deutsche Verband der Gastronomie hat kürzlich freiwillig beschlossen, vom Jahr 2008 an 50 Prozent aller Plätze in Restaurants für NichtraucherInnen zu reservieren. Hoffentlich weiß der Rauch bis dahin, in welche Hälfte des Raumes er nicht ziehen darf. In Bars und Discos darf weiter gequalmt werden. Der Verband kam damit einer drohenden Gesetzesänderung zuvor, die weitergehend gewesen wäre und angeblich zu großen finanziellen Einbußen unter den Gastronomen geführt hätte. Die Profite einer Branche sind offenbar wichtiger als die Auswirkungen von direktem und passivem Nikotinkonsum für unsere Gesundheit. Dies ist das falsche Signal in einer Zeit, in der immer mehr gesundheitliche Konsequenzen des Passivrauchens (wie beispielsweise SIDS) aufgedeckt werden. Selbst in Italien wurden Nichtraucher jetzt vor Tabakrauch in der Öffentlichkeit geschützt. In Kanada laufen täglich Fernsehspots, die Eltern vor den Gefahren des Passivrauchens ihrer Kinder warnen.
Gesundheitsberufe sind verstärkt gefragt in einer Situation, in der unser Gesetzgeber so kläglich versagt. In diesem Heft beschreibt eine Arbeitsgruppe der Universität Greifswald, wie Hebammen schwangere Frauen und Wöchnerinnen am besten unterstützen können, die sich in verschiedenen Stadien befinden, das Rauchen entweder aufzugeben oder es zumindest zu reduzieren. Wir geben Ihnen auch Informationen über den sozialen Kontext des Rauchens in der Schwangerschaft. Insgesamt hat sich in den letzten 20 Jahren das demographische Profil der RaucherInnen verändert. Angehörige der Ober- und Mittelschicht haben heutzutage eher das Rauchen eingestellt oder sie fangen gar nicht erst an, während Menschen aus unteren Sozialschichten öfter weiterrauchen, leider auch in der Schwangerschaft. Doch nicht nur Nikotin, sondern auch Alkohol und sogar Kaffee stellen ein Problem für die Mutter-Kind-Gesundheit dar. Professor Anne George erläutert, wie wichtig die korrekte Diagnose des Fetalen Alkoholsyndroms (FAS) für die betroffenen Kinder ist, die ansonsten permanent überfordert oder für unkooperativ gehalten werden.
Aber auch die wohl am meisten verbreitete „Droge", das Fernsehen, ist mit Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern verbunden, wenn sie zu früh und zu lange der Glotze ausgesetzt werden. Deshalb kann ich Bettina Dengler, Hebamme und Autorin in diesem Heft, nur zustimmen: Spätestens wenn die Hebamme zum Wochenbettbesuch kommt, sollte der Fernseher ausgeschaltet werden.