Endometriose erhöht das Risiko für Ovarialkarzinom unterschiedlich
Frauen mit ovarialer oder tief-infiltrierender Endometriose haben ein fast zehnfach erhöhtes Risiko, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken. Das ergab eine bevölkerungsbasierte Kohortenstudie, veröffentlicht im Amerikanischen Ärzteblatt. Die Endometriose gehört zu den wenig beachteten Risikofaktoren des Ovarialkarzinoms, da die Gefahr begrenzt zu sein schien. Da das Ovarialkarzinom relativ selten ist, ist das absolute Risiko minimal. Vorbeugende Maßnahmen, die in der Entfernung der Ovarien bestehen müssten, weil es keine effektive Früherkennung gibt, werden derzeit nicht empfohlen.
Ein Team um Karen Schliep von der Universität von Utah in Salt Lake City hat jetzt das Risiko bei den unterschiedlichen Unterformen der Endometriose untersucht. Die Weltgesundheitsorganisation unterscheidet eine oberflächliche Endometriose, die vor allem in der unteren Bauchhöhle auftritt, und schwerwiegendere Formen, die als Zysten in den Eierstöcken oder als tief infiltrierende Endometriose auftreten, bei der die versprengte Uterusschleimhaut in die Wände von Darm oder Blase einwächst.
Grundlage der Studie bildete die „Utah Population Database“. Sie verknüpft die Krankheitsregister des Mormonenstaates, zu denen auch ein eigenes Krebsregister gehört. Von 450.906 Frauen waren 78.476 an einer Endometriose erkrankt, von diesen wiederum erkrankten in einem Zeitraum von durchschnittlich zwölf Jahren 597 an einem Ovarialkarzinom.
Frauen mit Endometriose hatten ein mehr als vierfach erhöhtes Risiko. Die adjustierte Hazard Ratio von 4,20 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 3,59 bis 4,91 signifikant. Am höchsten war das Risiko auf die selteneren Low-Grade Typ-I‑Karzinome mit einer adjustierten Hazard Ratio von 7,48 (5,80-9,65), während das Risiko auf die aggressiveren Typ-II-Karzinome weniger stark erhöht war mit einer adjustierten Hazard Ratio von 2,70 (2,09-3,49).
Das Risiko hing stark von der Lokalisierung und der Form der Endometriose ab. Für Frauen mit tief infiltrierender Endometriose und/oder Eierstockendometriose ermittelte Schliep eine adjustierte Hazard Ratio von 9,66 (7,77-12,00) für alle Ovarialkarzinome. Am höchsten war hier das Risiko auf ein Typ-I-Karzinom mit einer adjustierten Hazard Ratio von 19,57 (13,80-25,35) gegenüber einer adjustierten Hazard Ratio von 3,72 (2,31-5,98) beim Typ-II-Karzinom.
Dies sind deutlich erhöhte Risiken. Schliep vergleicht sie mit der Verbindung von Rauchen und Lungenkrebs. Das Ovarialkarzinom wird wie das Bronchialkarzinom in der Regel erst spät entdeckt. Etwa 75 % der Fälle befinden sich bei der Diagnose in einem fortgeschrittenen Stadium (FIGO-Stadium III/IV).
Die Behandlungsergebnisse sind begrenzt. Die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt nur bei 42 %. Ein effektives Screening gibt es nicht. Die einzige präventive Behandlung bestünde in der Entfernung der Ovarien. Dies ist allerdings vor der Menopause ein einschneidender Eingriff in den Hormonhaushalt und zudem mit dem Verlust der Fertilität verbunden. Schliep rät dazu, weitere Studien abzuwarten.
Quelle: Barnard, M. E., Farland, L. V., Yan, B., Wang, J., Trabert, B., Doherty, J. A., Meeks, H. D., Madsen, M., Guinto, E., Collin, L. J., Maurer, K. A., Page, J. M., Kiser, A. C., Varner, M. W., Allen-Brady, K., Pollack, A. Z., Peterson, K. R., Peterson, C. M., & Schliep, K. C. (2024). Endometriosis Typology and Ovarian Cancer Risk. JAMA, e249210. Advance online publication. https://doi.org/10.1001/jama.2024.9210 ∙ aerzteblatt.de, 22.7.2024/DHZ