Mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Medizin
Über die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland und rund 75 % des Gesundheitspersonals sind Frauen. Und dennoch ist das Gesundheitswesen in Deutschland noch weit von Parität und Geschlechtergerechtigkeit entfernt. Der Deutsche Hebammenverband e.V. (DHV) forderte deshalb zum Internationalen Frauentag am 8. März ein gendergerechtes Umdenken im Gesundheitsbereich.
„Die Bedürfnisse von Frauen gehören in den Mittelpunkt, wenn es um deren physische und psychische Gesundheit geht“, sagt Ulrike Geppert-Orthofer, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes. „Das gilt in besonderem Maß für die Geburtshilfe. Fakt ist jedoch, dass es bei uns als ausreichende bis gute Versorgung gilt, wenn eine Hebamme mehrere Gebärende gleichzeitig betreuen muss. Eine Haltung, die deutlich macht, wie wenig uns eine würdevolle Betreuung von Frauen wert ist.“ Da die Mehrheit der Leistungsempfängerinnen und Leistungserbringerinnen im Gesundheitsbereich Frauen seien, fordert Geppert-Orthofer deren stärkere Einbeziehung in Entscheidungsprozesse.
Seit jeher bestimmen männliche Ärzte die gesundheitliche Versorgung, auch in den Spitzenpositionen der Krankenkassen sind Frauen heute kaum zu finden. „Hier offenbart sich das Dilemma“, so Geppert-Orthofer. „Unser medizinisches Wissen beruht zu großen Teilen auf Daten für den Durchschnittsmann. Und auch wenn in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte in der gesundheitlichen Versorgung von Frauen erreicht wurden, haben wir bis zur Geschlechtergerechtigkeit in der Medizin noch einen langen Weg vor uns.“ Allein die immer wieder auflebende Diskussion um das Recht der Frau, über ihren Körper selbst zu bestimmen, oder die aktuelle Debatte um Gewalt in der Geburtshilfe verdeutlichten die Notwendigkeit zum Handeln. Über allen Entscheidungen des medizinischen Personals, auch während der Geburt, müsse stets der Wille der Frau stehen. Geburtshilfe müsse gewaltfrei, interventionsarm, sensibel und frauenzentriert durchgeführt werden, so die Präsidentin des DHV.
Quelle: Deutscher Hebammenverband e.V., 6.3.2020