Sekundärdatenanalyse

Ist die Einmalgabe zur Lungenreifung bei spät Frühgeborenen effektiv?

  • Bei spät frühgeborenen Kindern scheint eine einmalige Gabe von Glukokortikoid im Vergleich zu einem Placebo keine Vorteile mit sich zu bringen.

  • Die Lungenreifebehandlung mit Kortikosteroiden wird bei einer drohenden Frühgeburt häufig durchgeführt. Sie umfasst zwei Gaben von Glukokortikoiden im Abstand von 24 Stunden. Die kindliche Lungenreife soll gefördert werden, indem die fetale Produktion des Surfactant-Faktors durch eine Glukokortikoidgabe über die Mutter angeregt wird. In der Literatur existieren jedoch Unklarheiten zur Wahl und Dosis des Medikaments sowie zur Frage, bis zu welchem Alter die Lungenreife wirklich messbare Vorteile für das Kind mit sich bringt. Bei manchen Geburtsverläufen kann eine drohende Frühgeburt in der Praxis nicht bis zu einer zweiten Gabe herausgezögert werden. Daher stellt sich die Frage: Wie effektiv ist eine einmalige Lungereifebehandlung im Vergleich zum Verzicht bei späten Frühgeborenen? Hierzu wurde kürzlich eine Sekundärdatenanalyse im American Journal of Obstetrics and Gynecology veröffentlicht.

    Der Fokus der Studie lag auf spät frühgeborenen Kindern, die zwischen 34+0 bis 36+6 Schwangerschaftswochen geboren wurden. Die Sekundärdatenanlyse wurde mit den Daten von 2.831 Geburtsverläufen aus einer multizentrischen randomisiert-kontrollierten Studie (ALPS-Studie) durchgeführt. Ausgewertet wurden dann die Daten der Geburtsverläufe (n=1.083), bei denen die Frauen nach der Diagnose einer drohenden Frühgeburt innerhalb von 24 Stunden ihr Kind zwischen der 34+0 bis 36+6 Schwangerschaftswoche zur Welt brachten. Diese Frauen erhielten als Einmalgabe entweder 12 mg Bethamethason (n=539) oder ein Placebo (n=544).

    Die Teilnehmerinnen beider Gruppen hatten ähnliche demografische Daten. Die Geburt fand bei 40 % der Studienteilnehmerinnen, die mit einer drohenden Frühgeburt in die Klinik kamen, innerhalb von 24 Stunden statt. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen bei kindlichen Outcome-Parametern wie schwerer respiratorischer Probleme. Das Outcome war nach einer einmaligen Gabe Glukocorticoid nicht besser als nach einer einmaligen Placebogabe. Jedoch zeigten Kinder nach einer Lungenreifebehandlung der Mutter häufiger Probleme mit Hypoglykämie und Hypothermie.

    Die Autor:innen fassen zusammen: Bei spät frühgeborenen Kindern scheint eine einmalige Gabe von Glukokortikoid keine Vorteile im Vergleich zu einem Placebo mit sich zu bringen. Daher stellen sie zur Diskussion, ob in Fällen, bei denen bereits bei der Diagnosestellung eine Geburt innerhalb von 24 Stunden ersichtlich ist, eine Lungenreifebehandlung mit der ersten Gabe überhaupt durchgeführt werden sollte. Sie weisen aber darauf hin, dass die Sekundärdatenanalyse mit Limitierungen einhergeht und empfehlen nach wie vor, die zweifache Lungenreifebehandlung bei Frauen mit drohender Frühgeburt anzustreben. Weitere Forschung sollte durchgeführt werden.

    Quelle: Bart, Y., Chauhan, S. P., Fishel Bartal, M., Blackwell, S., & Sibai, B. M. (2024). Equivalence of single and standard doses of antenatal corticosteroids for late preterm neonatal outcomes: insights from a secondary analysis. American journal of obstetrics and gynecology, S0002-9378(24)00506-4. Advance online publication. https://doi.org/10.1016/j.ajog.2024.04.004 · Beate Ramsayer/DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 02.10.2024