Risiken für eine erhöhte neonatale Morbidität nach vaginaler Geburt
Neugeborene können durch die Geburt Verletzungen erfahren und der gewählte Geburtsmodus kann auf die neonatale Morbidität Einfluss nehmen. Welche Zusammenhänge existieren? Hierzu wurde kürzlich eine retrospektive deskriptive Studie in Thailand durchgeführt. Untersucht wurde das Auftreten neonataler Komplikationen bei Neugeborenen nach vaginalen (spontanen und vaginal-operativen) Geburten. Insgesamt wurden Daten von 3.500 Kindern untersucht, die zwischen 2020 und 2022 in einem thailändischen Krankenhaus (Sirirai Hospital) geboren wurden.
Bei 1.348 aller vaginal geborenen Neugeborenen traten Komplikationen nach der Geburt auf (38,5 %, n=1.348). Dabei war die häufigste neonatale Komplikation das Auftreten eines Neugeborenenikterus (14,5 %, n=507), einer Geburtsgeschwulst (8,3 %, n=291) und einer vorübergehenden Tachypnoe (4,4 %, n=153). Bei erstgebärenden Frauen lag der Anteil neonataler Komplikationen mit 43,4 % höher als bei mehrgebärenden Frauen (34,1 %). Ein Neugeborenenikterus trat mit 16,3 % im Vergleich zu 12,3 % sowie eine Geburtsgeschwulst mit 12,7 % im Vergleich zu 4,3 % signifikant häufiger bei erstgebärenden Frauen auf. Ebenso war der Anteil einer milden Asphyxie bei Erstgebärenden häufiger (5,2 % vs. 3,7 %).
Bei Frauen mit einem insulinpflichtigen Gestationsdiabetes (GDM-2, n=21) betrug der Anteil der Kinder mit einer neonatalen Komplikation 61,9 % (n=13). Nach einer vaginal-operativen Geburt im Vergleich zu einer spontanen Geburt war das Risiko für eine Geburtsgeschwulst 5-fach erhöht, für Abschürfungen der Kopfhaut 6-fach sowie für ein Kephalhämatom 16-fach erhöht. Die Autor:innen weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass vaginal-operative Geburten im internationalen Vergleich unterschiedlich häufig durchgeführt werden. Sie geben zu bedenken, dass sich somit auch das Risiko für das Auftreten neonataler Komplikationen verändert.
Sie resümieren aus ihren Daten, dass neonatale Morbidität häufig in Zusammenhang zu vaginal-operativen Geburten, einem mütterlichem insulinpflichtigen Gestationsdiabetes, Präeklampsie oder Anämie der Mutter sowie Frühgeburtlichkeit steht. Häufig geht dem Auftreten einer neonatalen Komplikation ein protrahierter Geburtsverlauf voraus. Die Daten geben Hinweise darauf, dass eine neonatale Morbidität häufiger auftritt, wenn die Geburt nicht tagsüber, sondern nachts stattfindet.
Für die Praxis empfehlen die Autor:innen, neonatale Komplikationen vor allem bei Kindern im Blick zu behalten, die vaginal-operativ geboren wurden. Hierbei erachten sie die frühzeitige Diagnostik möglicher neonataler Morbidität wie einer Geburtsgeschwulst oder Neugeborenenikterus für wichtig, um negative Langzeitfolgen zu vermeiden. Sie hinterfragen, ob ein häufigeres Auftreten neonataler Komplikationen während der Nacht in Zusammenhang zu einer personellen Unterbesetzung während dieser Zeit stehen könnte, was vermieden werden sollte. Mitarbeiter:innen des Gesundheitswesens sollten geschult werden, um neonatale Komplikationen vorausschauend vermeiden, sicher diagnostizieren und effektiv behandeln zu können.
Quelle: Chawanpaiboon, S., Titapant, V., & Pooliam, J. (2024). Neonatal complications and risk factors associated with assisted vaginal delivery. Scientific reports, 14(1), 11960. https://doi.org/10.1038/s41598-024-62703-x ∙ Beate Ramsayer/DHZ