DHZCongress-Programm - page 5

8
9
Vorträge, 27. Juni
Vorträge, 27. Juni
Barbara Duden
Die Grundlagen des Hebammenwissens erinnern
Worauf sich Hebammen in ihrem Tun stützen, hat Geschichte. Die
Quellen ihres Wissens entsprangen über Jahrhunderte der Kunst der
Beobachtung, dem diagnostischen Verstand, der nüchternen Urteils-
kraft – und dem Vertrauen in ihr handwerkliches Können. Es war also
im besten Sinne eine „Wissenschaft“, in der verschriftetes Wissen,
Erfahrung, wahrnehmende Gegenwärtigkeit nebeneinander bestehen
und zusammenfließen konnten.
Heute, in der Gründungsphase der Hebammenwissenschaft, stehen
Hebammen in der Frage ihres Wissensgrundes an einer Weggabelung:
Die einen erwarten, durch Expertenstandards und praxisleitende
Richtlinien das Hebammenwissen auf eine „evidenzbasierte“, generelle
Grundlage zu stellen, die anderen befürchten, dass damit die Mitte ih-
res herkömmlichen Wissens und Könnens preisgegeben wird, nämlich
die Kunst der kundigen Gegenwärtigkeit dieser einen Schwangeren
oder Gebärenden gegenüber.
Barbara Duden vertraut darauf, dass die Kenntnis gestriger Dispute
und Weichenstellungen zu einer gegenwärtigen Orientierung verhelfen
kann.
Björg Pálsdóttir
Geburtshilfe in Island – von guter Praxis lernen
Ein Land, in dem Kinder normal und in Würde geboren werden, in
dem Frauen mit Respekt und Fachwissen begleitet werden, in dem
die Kaiserschnittrate niedrig ist und alle Frauen lange stillen – mit der
Unterstützung von Hebammen. Utopie? Nein, Wirklichkeit – ganz nah
und aktuell.
Die Hebammen sind in Island die Schlüsselfiguren in der Betreuung
Schwangerer und Gebärender – auf einen Arzt können die Frauen im
ländlichen Bereich häufig nicht zurückgreifen. Die Hebamme Björg
Pálsdóttir, die in Reykjavik an der Universitätsklinik und freiberuflich
auf einer kleinen Insel im Süden des Landes arbeitet, gibt in ihrem
Vortrag einen Einblick in die Geburtshilfe in Island, in die sozialen und
kulturellen Aspekte und in die Hebammenausbildung.
Prof. Dr. Michael Abou-Dakn, Sylke Otte,
Bettina Kraus, Katharina Wenner
Mutmachbeispiel 1:
Ent- oder doch Bindungsklinik?
Interdisziplinäre Unterstützung
der Mutter-(Vater)-Kind-Bindung
In der Geburtsklinik des St. Joseph Krankenhauses hat in den letzten
Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden: von der klassischen
Rolle eines Krankenhauses mit Blick auf Vermeidung und Behandlung
von Pathologien und somatischen Veränderungen hin zu einer beglei-
tenden und Eltern stärkenden Rolle. Angeregt von den Erkenntnissen
des „Babyfreundlichen Krankenhauses“ und der Weiterentwicklung der
Themen Bindung, Entwicklung und Stillen werden heute alle Handlun-
gen auf ihren Einfluss auf die Mutter-Vater-Kind-Interaktion überprüft
– und im Team Vorschläge erarbeitet, wie notwendige Maßnahmen
ohne Störung des Bindungsprozesses durchgeführt werden können. In
dieser Entwicklung wurden Hierarchien überwunden und ein gemein-
sames Ziel formuliert: ein Perinatalzentrum Level 1, das trotz hohen
medizinischen Anspruchs keine Entbindungs-Klinik ist.
Christiane Schwarz
Schwangerenvorsorge:
Screening auf Gesundheit?
Je nach Land, BetreuerIn und Situation der Frau gehen Schwangere
zwischen fünf- und mehr als zwanzigmal zur Vorsorgeuntersuchung.
Was dabei gemacht wird, basiert nur zu einem kleinen Teil auf echter
Evidenz: Viele Untersuchungen, wie z.B. das CTG, haben kaum nach-
weisbaren Nutzen und routinemäßig durchgeführt sogar das Potenzial
für Schaden.
Neuere Theorien von höchster Expertise stellen die gesamte Kon-
struktion der üblichen Schwangerenvorsorge infrage. So gibt es z.B.
den Ansatz, Schwangere nur im ersten Trimenon sorgfältig zu unter-
suchen. Die wenigen wirklich relevanten Probleme oder Risiken von
Schwangeren könnten bereits früh diagnostiziert, vermutet oder ver-
hindert werden. Die Frauen, die das betrifft, bräuchten entsprechend
eine engmaschige interdisziplinäre Betreuung – und zwar nur die.
1,2,3,4 6,7,8,9,10,11,12,13,14,15,...19
Powered by FlippingBook